Memminger Stadtrecht

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Das Rechtsamt

Nach der Verordnung vom 17. Mai 1818, die künftige Verfassung und Verwaltung der Gemeinden im Königreiche (Baiern) betreffend, mußten im Magistrat der Städte „Rechtskun­dige Räthe“ vertreten sein, die „nach vollen­detem academischen Studium die vorge­schriebenen Prüfungen bestanden haben“. Auch die heute geltenden Gemeindeordnung fordert für kreisfreie Gemeinden mindestens einen Gemeindebeamten mit der Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder für das Richteramt. Mindestens seit 1818 hat die Stadtverwaltung Memmingen somit ein Rechtsamt. 

Die Aufgaben des Rechtsamtes betreffen nicht nur klassische juristische Tätigkeiten und lassen sich im wesentlichen fünf Schwer­punktbereichen zuordnen: Stadtrecht, interne Rechtsberatung, Prozessführung, Bußgeldver­fahren sowie Personenstandswesen und Standesamtsaufsicht.

Das Rechtsamt ist untere Aufsichtsbehörde für das Standesamt der Stadt. Die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde erstreckt sich vor allem auf Fälle mit Berührung ausländischen Rechts. Von allen Geburten-, Heirats- und Sterbebüchern, die seit 1876 beim Standesamt geführt werden, gibt es beim Rechtsamt Zweitbücher, die denselben Inhalt wie die Erstbücher haben müssen und deshalb bei Änderungen des Personenstandes (Geburt, Eheschließung, Ehescheidung, Tod) mit handschriftlichen Randvermerken versehen werden. Jährlich fallen etwa 300 solcher Randvermerke an. Um einem gemeinsamen Verlust der Erst- und Zweitbücher vorzubeugen, dürfen diese nicht im selben Gebäude aufbewahrt werden.

Jährlich werden vom Rechtsamt rd. 600 Bußgeldverfahren durchgeführt. Die verfolgten Ordnungswidrigkeiten umfassen die gesamte Bandbreite der städtischen Zuständigkeiten mit Ausnahme der von der Zulassungsstelle verfolgten Verkehrsordnungswidrigkeiten. Besonders häufig sind wilde Müllablagerungen und Schulpflichtverletzungen zu ahnden. 

In Verwaltungsstreitverfahren und teilweise in Zivilprozessen wird die Stadt vom Rechtsamt vertreten. Im Jahr sind ca. 50 gerichtliche Verfahren durch Abfassung von Schriftsätzen (Klagen, Anspruchsbegründungen, Klageerwiderungen etc.) und durch Terminwahrnehmungen (Ortstermine, Gerichtsverhandlungen) zu betreuen. Die Erfolgsquote der Stadt liegt etwa bei ca. 80 %. 

Ein weites Feld ist die interne Rechtsberatung. Nahezu jede städtische Dienststelle hat sich beim Rechtsamt schon Rechtsrat geholt. Die zu bearbeitenden Rechtsgebiete sind kaum einzugrenzen, sie reichen von privatrechtlichen Angelegenheiten, die die Stadt betreffen bis zum Staatskirchenrecht bei der Prüfung von Kirchen- oder Orgelbaulasten. Die Stellungnahmen können kurze telefonische Ratschläge oder umfangreiche schriftliche Gutachten sein.

Die Bearbeitung der Satzungen und Verordnungen der Stadt (mit Ausnahme der Bebauungspläne) erfolgt ebenfalls im Rechtsamt. Hierbei werden in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Ämtern die Entwürfe erstellt und die Vorlagen für den Stadtrat gefertigt. Nach der Beschlussfassung werden die Satzungen und Verordnungen vom Oberbürgermeister ausgefertigt und danach bekannt gemacht. Die Bekanntmachungen erfolgen im Satzungs- und Verordnungsblatt der Stadt Memmingen, das seit 1. April 1961 das Amtsblatt der Stadt ist und seit 1997 auch in elektronischer Form vorliegt.

Seit Anfang 1986 gibt es die vom Rechtsamt erstellte und betreute Loseblattsammlung „Memminger Stadtrecht (MStR)“, die alle jeweils gültigen Satzungen und Verordnungen der Stadt sowie in einem Anhang die Benutzungs- und Entgeltordnungen der privatrechtlich betriebenen städtischen Einrichtungen enthält. In elektronischer Form steht das Memminger Stadtrecht seit 1994 zur Verfügung und wurde um die Satzungen der Zweckverbände erweitert, an denen die Stadt Memmingen beteiligt ist.

Daneben ist das Rechtsamt u.a. noch für die Ausbildung der Rechtsreferendare zu-ständig, die der Stadt zugewiesen werden und führt Enteignungsverfahren und auch Sühneverfahren durch.

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